Digitalisierung auf der Baustelle – 3BKB2T auf BIM-Vortrag und Exkursion

Zum Ende des zweiten Ausbildungsjahres stand für die Klasse 3BKB2T ein etwas anderer Schultag an als üblicherweise. Statt gewöhnlichem Unterricht kamen die Auszubildenden an diesem Tag in den Genuss im Klassenzimmer zunächst spannende Fachvorträge zum Thema BIM zu hören und anschließend eine Baustellen-Exkursion nach Reutlingen zu unternehmen. Die 3BKB1T hatte das Vergnügen beim Vortrag im Klassenzimmer auch mit dabei zu sein, um schon etwas schnuppern zu können am Thema BIM, das im zweiten Ausbildungsjahr im Zuge des CA-Unterrichts auch auf sie zukommen wird. Aber was war eigentlich geschehen? Herr Kilian hatte mit der Firma Grötz einen Tag organisiert, der den Schülerinnen und Schülern Einblicke in den Alltag und die Praxis einer Bauunternehmung bieten konnte. Von der Firma Grötz waren dazu Niederlassungsleiter Benjamin Eisele, Oberbauleiterin Sarah Feugmann und DHBW-Student Vincent Miola an die PMHS gekommen. Frau Feugmann hatte dazu passend gleich noch ihren Ehemann Dirk Feugmann mitgebracht, der bei der Firma Leica arbeitet. Den Auszubildenden stand also ein erfahrenes und kompetentes Team von Bau-Experten gegenüber.

Nachdem Bau-Abteilungsleiter Stefan Beck seitens der PMHS mit Freude alle recht herzlich begrüßt hatte, übergab er das Wort an Herrn Eisele, der die Firma Grötz am Standort Nürtingen als Niederlassungsleiter führt. Herr Eisele, der übrigens einst selbst das dreijährige duale Berufskolleg Bau absolviert hat, begrüßte die Anwesenden ebenso herzlich und stellte das Unternehmen in Kürze vor. Die Firmengruppe Grötz ist ein mittelständisches Unternehmen, das deutschlandweit agiert. Grötz am Standort Nürtingen ist ein klassischer “Rohbauer“ mit rund 20-25 Millionen Euro Umsatz, der im Umkreis von rund 60 km tätig ist. Es werden dabei überwiegend Aufträge der öffentlichen Hand (ca. 90 %), aber auch klassischer Wohnbau, o.ä. abgewickelt. Die Firma Grötz arbeitet dabei schon seit über 15 Jahren mit Tachymeter. In Sachen Digitalisierung im Bereich Bau ließ Herr Eisele seine Einschätzung durchblicken, dass in Deutschland noch zu wenig an den Schulen und Hochschulen vorangeht und andere Länder diesbezüglich weit voraus seien.

Anschließend wurde das Wort von Herrn Eisele an Herrn Feugmann übergeben, der das Thema BIM nun etwas näher beleuchtet und vorgestellt hat. Herr Feugmann, der selbst ursprünglich vom Tiefbau kommt, arbeitet bei der Firma Leica Geosystems, die zur Unternehmensgruppe Hexagon gehört und nicht nur in der Baubranche vertreten ist. Die Sparte Bau von Leica hat für Deutschland ihren Hauptsitz in München. Leica produziert u.a. Präzisionsmessinstrumente für die Bauvermessung und die entsprechende Software-Komponenten. Zielsetzung ist eine einfachere Interaktion durch moderne Technologie, wie z.B. durch Sensoren an Maschinen und moderne Kommunikationseinrichtungen. Gefragt hat Herr Feugmann die Schüler zunächst welche Gründe es denn gäbe für Digitalisierung? Selbstredend soll die Digitalisierung Prozesse vereinfachen, verschlanken und automatisieren und folglich den Menschen das Leben erleichtern. Er erklärte in diesem Zusammenhang auch den Unterschied zwischen Automatisierung und Autonomie. Bei ersterem ist im Vergleich zu letzterem eben noch ein Bediener notwendig. Im weiteren Verlauf des Vortrags wurde der prägende Satz „BIM ist ein Kreislauf, keine Einbahnstraße!“ erläutert. Im Idealfall stellt der BIM-Prozess also einen Kreislauf dar, der den vollständigen “Lebenszyklus“ eines Bauwerks („…vom ersten Gedanken des Bauwunsches … über Entwurf, Planung, Erstellung und Nutzung … bis zum Abriss des Gebäudes…“) abbildet. In diesem Kontext wird von einem Bauwerk ein digitales 3D-Modell erstellt (BIM = Building Information Modeling), welches auch als digitaler Zwilling des realen Bauwerks bezeichnet wird. Hierin sind alle Informationen, welche für die Planung und den Bau, aber auch die anschließende Nutzung und Wartung notwendig sind, enthalten. Der Experte erklärte dabei, dass auch beim Bauen im Bestand BIM eine Rolle spielen kann. So können bestehende Strukturen digital als Punktwolke aufgemessen bzw. gescannt werden. Neben Gebäudemodellen im Hochbau kommt diese digitale Modellierung ebenso im Tiefbau zum Einsatz, z.B. bei der Kanalverlegung oder im Bahnwesen bei Schienen oder Bahnsteigen. Damit Fachplaner verschiedener Art (Architekt, Tragwerksplaner, Technische Gebäudeausrüstung, Zimmerer, usw.), die mittels ihren eigenen fachspezifischen Programmen jeweils ein eigenes Modell desselben Bauwerks erstellen, eine gegenseitige Vergleichsebene haben, gibt es das sogenannte IFC-Modell bzw. das sogenannte IFC-Dateiformat. Dieses IFC kann beschrieben werden als eine „PDF-Datei in BIM“. Die jeweiligen IFC-Modelle können übereinandergelegt und miteinander abgeglichen werden. Man spricht in diesem Kontext von sogenannten Kollisions-Prüfungen (z.B. Architekt prüft seinen Entwurf mit dem Tragwerksplaner oder mit dem Zimmerer). Im 3D-Modell können so relativ einfach Fehler oder Kollisionen verschiedener Gewerke erkannt, kommuniziert und behoben werden (bspw. wenn eine Wasserleitung oder ein Lüftungsrohr im Bereich einer Tür liegen würde oder etwa ein tragendes Bauteil erheblich schwächen würde). Herr Feugmann unterstrich in diesem Zusammenhang auch, dass hierfür eine sinnvolle und einheitlich vorgegebene Ordner- und Dateistruktur sehr wichtig sind, um eine “Deckungsgleichheit“ der unterschiedlichen Fachmodelle zu gewährleisten. Passend dazu zeigte er den Zuhörern ein Negativbeispiel einer solchen IFC-Datei, bei welcher verschiedene BIM-Konventionen nicht eingehalten wurden und es folglich zu Differenzen kam.

Nach dieser ersten interessanten Einführung in das Thema BIM folgte ein weiterer kurzweiliger Vortrag. Herr Miola, der bei der Firma Grötz am Ende seines dualen Studiums zum Bauingenieur steht und derzeit seine Bachelor-Arbeit über das Thema BIM schreibt, gab weitere Einblicke aus der Praxis. Er nahm die Schüler mit zu einem interaktiven Vortrag. Dabei durfte ein Schüler nach vorne kommen und ihn beim Modellieren mit dem Programm Revit, das die Auszubildenden bereits vom CA-Unterricht kennen, unterstützen. Robin Benz, der die Ausbildung zum Bauzeichner absolviert und schon vielerlei Vorkenntnisse in Revit von seinem Büro mitbringen kann, wurde von seinen Mitschülern dafür ausgewählt. Robin durfte im Folgenden die Urgeländeaufnahme (à Grundstücksgrenzen, Grünflächen, bestehende Parkplätze, Höhen, GPS-Daten, etc.) in Revit einpflegen, die von der Firma für ein bevorstehendes Bauvorhaben aufgemessen wurde. Robin wurde von Herrn Miola bei den einzelnen Schritten angeleitet, wobei der Schüler schon vieles intuitiv selbst kannte und ausführte. Das Urgeländemodell wurde so nach zugeordneten Koordinaten (bspw. 285,4 m ü. NN) in Revit importiert, wobei die Geländeform als Dreiecksmodell abgebildet wird. Auch Herr Miola betonte nochmals die Wichtigkeit der korrekten Strukturierung und Untergliederung (z.B. layer) im Programm, weil dies u.a. auch Auswirkungen auf die Abrechnung der Baustelle haben kann. Nachdem der Auszubildende mit Herrn Miola seine Aufgaben mit Bravour gemeistert hatte, gab es einen herzlichen Applaus für die tolle Zusammenarbeit. Im Anschluss prasselten noch einige Fragen der interessierten Zuhörer auf Herrn Miola ein, wodurch der Zeitplan schon etwas “strapaziert“ wurde, schließlich wollte man jetzt noch auf die Baustelle.

Nach der Fahrt mit PKWs fanden sich am Treffpunkt in Reutlingen alle wieder gesammelt zur vereinbarten Zeit ein, um die Baustelle der Firma Grötz zu besichtigen. Die Führung übernahm Herr Miola, wobei Herr und Frau Feugmann die Gruppe auch mit begleiteten. Von den Lehrkräften waren Frau Frey, Frau Grimm, Herr Kilian und Herr Strotbek mit vom Klassenzimmer nach draußen auf die Baustelle gekommen. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um eine Generalsanierung mit Teilabriss – Bauobjekt ist die Mensa der Hochschule Reutlingen. Das gesamte Bestandsgebäude aus den 60er-Jahren wurde in die Gebäudeteile 1-5 unterteilt, wobei der Gebäudeteil 2 komplett abgerissen wurde. Zum Leidwesen der Bauunternehmung möchte der Architekt und der Bauherr für das Bauvorhaben keine BIM-Modellierung, der Aufwand sei zu groß und es sei folglich zu teuer. Es gibt für dieses Gebäude bisher nur ein BIM-Modell eines Statikers, das jedoch auch nicht in Gänze abgeschlossen wurde, erklärte Miola. Dennoch bot der Baukomplex andere wissenswerte Aspekte für alle Exkursionsteilnehmer, die es sich lohnte näher unter Augenschein zu nehmen. Zunächst ist es immer herausfordernd und komplex, wenn im Bestand umgebaut wird, insbesondere wenn gewisse Bauteile erhalten werden sollen (hier z.B. eine hohe Wand mit aufgemaltem Kunstwerk, für die auch während der Bauphase Standsicherheit gewährleistet werden muss). Spannend war für die Azubis sicherlich auch mitanzusehen, dass just an diesem Tag eine Decke betoniert wurde. Darüber hinaus ist der Grund für die Bauunternehmung ein interessanter und auch nicht alltäglicher: Die Sanierungsmaßnahmen wurden notwendig, weil es Hebungen an den Gebäudeteilen gab, hervorgerufen durch eine bestimmte geologische Schicht, welche unter dem Bauwerk ansteht. Bevor Herr Miola dies näher erläuterte, wurde von einer Lehrkraft vermutet, ob es sich eventuell um eine Gipskeuperschicht (Anhydrit) handeln könnte, zu der Wasser gelangen konnte und welche nun aufquillt. Dies war aber tatsächlich nicht der Fall. Es handelt sich in Reutlingen viel mehr um eine Schieferschicht, die mit den Jahren ausgetrocknet ist. Da Schieferschichten (gegenteilig zu Anhydrit) in der Tat bei Austrocknung aufquellen, kam es hier zu den Hebungen des Geländes. Um diese Problematik zukünftig in den Griff zu bekommen, wurden u.a. als ingenieurstechnische Maßnahme von der neuen Bodenplatte aus rund 1200 Spannanker (Bewehrung Ø 40 mm) bis in tieferliegende Bodenschichten eingebracht, um die Schieferschicht zukünftig “zusammengepresst zu halten“. Dieser durchaus aufwendige technologische Griff soll somit weiteren Hebungen entgegenwirken. Herr Miola führte die Gruppe durch die gesamte Baustelle und erläuterte immer wieder, auch anhand von Plänen, die verschiedenen Aufgaben und Schritte, die schon durchgeführt wurden und noch vollzogen werden müssen. Die Zeit verging wie im Flug und plötzlich hieß es “Mahlzeit“, denn die Mittagspause stand an. Die Firma Grötz versorgte alle Schüler und Lehrkräfte mit erfrischenden Getränken und leckerer Pizza. Dabei wurde weiter “fachgesimpelt“ zwischen den verschiedenen Akteuren. An dieser Stelle bedanken sich alle Beteiligten der PMHS nochmals recht herzlich bei der Firma Grötz für die tolle Verköstigung. Nach der Mittagspause hatten die Schülerinnen und Schüler doch noch einmal Gelegenheit etwas “BIM-Luft zu schnuppern“. Herr Feugmann hatte im Innern des Gebäudes sein Tachymeter aufgebaut und die Azubis konnten unter fachmännischer Anleitung Bestandswände aufmessen, Punktwolken erstellen und erneut in die digitale Welt eintauchen. Abschließend soll an dieser Stelle noch einmal ein großes Danke stehen für die tolle Organisation und Kooperation. Herzlichen Dank an Herr Kilian und an alle fachkompetenten Experten der Firmen Grötz und Leica. 

Markus Strotbek